Der Mittelspecht (Dendrocopos medius) ist eine in Mitteleuropa relativ seltene Vogelart aus der Familie der Spechte (Picidae). Sie ist in einem vergleichsweise kleinen Gebiet der West- und Südwestpaläarktis verbreitet. Die Art benötigt zur Nahrungssuche Baumkronen mit grobrindigen Ästen und Stammbereichen. In weiten Teilen des Verbreitungsgebietes zeigt der Mittelspecht daher eine Bindung an Wälder mit alten Eichen; er wurde in den letzten Jahren aber auch in naturnahen Laubwäldern nachgewiesen, in denen andere Baumarten dominieren. Der Mittelspecht ist nur geringfügig kleiner als der Große Buntspecht, aber bedeutend größer als der Kleinspecht. Er ist der einzige europäische Specht, bei dem der Farbdimorphismus zwischen den Geschlechtern nur sehr schwach ausgeprägt ist. Der Mittelspecht ist ein typischer Buntspecht mit kontrastierender schwarz-weißer Gefiederzeichnung. Die schwarzen Gesichtszeichen sind bei dieser Art vergleichsweise schwach ausgeprägt, sodass das Gesicht überwiegend schmutzig weiß erscheint. Insbesondere unterscheidet sich dieser Specht durch das Fehlen eines schwarzen Zügelbandes von allen anderen europäischen Buntspechten. Der Scheitel ist bei beiden Geschlechtern von einer ziegelroten, zum Nacken hin ins Rotorange wechselnden, nicht schwarz gerandeten Gefiederpartie bedeckt; sehr häufig, insbesondere in aggressions- oder sexuell motivierten Situationen werden die Scheitelfedern gesträubt. Der Schnabel ist relativ kurz, hellgrau und nicht sehr kräftig. Rücken und Flügel sind glänzend schwarz, der Schulterbereich ist weiß, die Armdecken sind breit weiß gebändert. Der kräftige Stützschwanz ist schwarz, die äußeren Steuerfedern sind weiß mit einer individuell sehr unterschiedlich ausgeprägten Schwarzzeichnung. Die Flanken sind auffallend dunkelgrau längsgestrichelt. Die Brust dieses Spechtes ist blassgelblich gefärbt, der Bauch weist einen Rosaton auf, der sich zum Steiß hin zum Rötlichen verstärkt. Jungvögel sind etwas blasser, weniger kontrastreich gefärbt. Ihre Scheitelplatte ist nur angedeutet rötlich, die Bauchpartie ist schmutzig weiß. Die durchschnittliche Körperlänge des Mittelspechtes beträgt 21 Zentimeter. Er ist damit etwa 15 Prozent kleiner als der Große Buntspecht, aber 40 Prozent größer als der Kleinspecht. Die Spannweite liegt bei 34 Zentimetern. Das Gewicht adulter Mittelspechte schwankt zwischen 50 und 85 Gramm. Der Mittelspecht ist eine gut zu bestimmende Buntspechtart, obwohl er bei ungenügenden Beobachtungsverhältnissen leicht mit dem Großen Buntspecht, dem Blutspecht oder dem Weißrückenspecht verwechselt werden kann. Wichtigstes Erkennungszeichen ist die rote Scheitel- und Nackenpartie sowie die nur spärliche Schwarzzeichnung des Gesichtes des Mittelspechts. Bei allen anderen Buntspechten tragen nur die Männchen einen roten Hinterhauptfleck, die Schwarzzeichnungen im Gesicht sind bei ihnen viel großflächiger, vor allem reicht bei allen anderen das schwarze Zügelband bis zur Schnabelwurzel. Schwieriger sind Jungvögel des Buntspechtes und des Blutspechtes von adulten Mittelspechten zu unterscheiden, da auch diese in beiden Geschlechtern eine rote Scheitelplatte tragen. Die sicherste Unterscheidung bieten neben dem Größenunterschied auch hier die Schwarzanteile im Gesicht, die bei Buntspecht und Blutspecht bedeutend ausgeprägter sind als beim Mittelspecht. Insbesondere ist auch bei Jungvögeln auf das Vorhandensein eines schwarzen Zügels, der bis zur Schnabelwurzel reicht, zu achten. Wichtige Unterscheidungsmerkmale zum Buntspecht sind die rosa Unterschwanzdecken, die allmählich in das Weiß des Bauchs übergehen (beim Buntspecht rote Unterschwanzdecken mit scharfer Grenze zum Weiß des Bauchs) und die schwarze Flankenstreifung (beim Buntspecht weiße Flanken ohne Streifung). Das Stimmrepertoire des Mittelspechtes ist sehr vielfältig. Einige der Rufe dieser Art unterscheiden sich auffällig von denen anderer Buntspechte. Bekanntester Ruf ist das sogenannte Quäken, das etwa mit kwääh…kwääh…kwääh oder ghääh…ghääh…ghääh transkribiert werden kann. Dieser Gesang dient sowohl der territorialen Positionierung als auch als Balzgesang. Er besteht aus mindestens zwei, meist aber aus bedeutend mehr (bis zu dreißig) Einzelelementen und wird vor allem, aber nicht ausschließlich, vom Männchen vorgetragen. Zu Beginn ist die klagende Rufreihe vokalisiert, zum Ende hin wird sie rau und krächzend. Der Ruf trägt sehr weit; entfernt erinnert er an den Warnruf des Eichelhähers (Garrulus glandarius). Der Mittelspecht wird schon sehr früh im Jahr, oft schon im Jänner akustisch auffällig; der Gesangsgipfel wird in der Hauptbalzzeit von Mitte März bis Mitte April erreicht. Auch im Spätherbst ist das Quäken gelegentlich wieder zu vernehmen. Neben diesem markantesten Ruf besteht eine Vielzahl von kurzen, oft auch gereihten Lautäußerungen. Am häufigsten ist ein kurzer Gük-Laut zu hören, der in Erregungssituationen zu einer langen Rufreihe werden kann. Auffallend und charakteristisch ist die abfallende Tonreihe und das betonte erste Element. Mittelspechte trommeln äußerst selten. Offenbar wird die revieranzeigende Funktion des Trommelns bei dieser Art vom Quäken übernommen. Die eher leisen Trommelwirbel bestehen aus 18–30 Einzelschlägen und dauern knapp 2 Sekunden. Die Intervalle zwischen den Schlägen bleiben gleich. Das Verbreitungsgebiet des Mittelspechtes beginnt in Westeuropa im Kantabrischen Gebirge, zieht sich über die Pyrenäen und über große Teile Frankreichs und Teile Belgiens nach Mitteleuropa und endet im Westen des europäischen Teils Russlands. In den Niederlanden bewohnt der Mittelspecht nur die südlichen Landesteile, in den westlichen und südwestlichen Bereichen der Norddeutschen Tiefebene fehlt die Art bis auf kleine inselartige Vorkommen weitgehend, erst in der Umgebung von Hamburg erreichen die Brutgebiete wieder küstennähere Regionen. In Skandinavien brütet die Art nicht, nachdem die kleinen Restpopulationen in Dänemark 1959 und auf Gotland 1982 erloschen sind. In Osteuropa sind Polen, Lettland, Litauen und Weißrussland gut von dieser Spechtart besiedelt, während in Estland nur eine sehr kleine, aber wachsende Population in den südlichen Landesteilen vorkommt. In Süd- und Südosteuropa ist die Art in kleinen Verbreitungsinseln in Italien vertreten, viel dichter sind die Vorkommen in Ungarn und auf dem Balkan. In der Türkei bestehen gute Vorkommen im Pontischen Gebirge, im ägäischen Küstenland und im Taurus. Schließlich brütet die Art noch im Kaukasus und Transkaukasien sowie im Westiran. Außer auf der Ägäisinsel Lesbos nahe der kleinasiatischen Küste scheint dieser Specht auf keiner anderen Mittelmeerinsel vorzukommen. In Deutschland ist der Mittelspecht weit verbreitet, aber nirgendwo häufig. Der Mittelspecht ist eine Charakterart der warmgemäßigten Laubwaldzone Europas und Westasiens. Er folgt auffällig dem Verbreitungsgebiet der Hainbuche (Carpinus betulus), mit deren Verbreitungsgrenzen die Mittelspechtvorkommen nur in Nordspanien (dort kommt die Hainbuche nicht vor) und in Südengland (dort kommt der Mittelspecht nicht vor) nicht übereinstimmen. In Mitteleuropa findet die Art heute geeignete Habitatstrukturen vor allem in Augebieten und in naturbelassenen Hangwäldern. Grenzen Eichenbestände an ausgedehnte alte Obstgärten oder liegen Eichenbestände in großflächigen Parklandschaften, vermag der Mittelspecht auch solche Sekundärhabitate zu besiedeln. Wesentlich ist auch die Größe der Waldgebiete selbst. Stark fragmentierte Wälder oder Gehölze unter 10 Hektar werden kaum besiedelt. Ganz selten brüten Mittelspechte in Nadelwaldgebieten. So kommt die Art in Mittelgriechenland in einem Bergwaldgebiet mit Schwarzföhren und der Griechischen Tanne (Abies cephalonica) vor, auf Lesbos werden große, alte Olivenpflanzungen bewohnt. Mittelspechte ernähren sich vornehmlich von unterschiedlichen Arthropoden und deren Entwicklungsstadien. Dabei überwiegen stamm- und rindenbewohnende Arten gegenüber jenen, die auf Zweigen oder Blättern leben. Holzbohrende Käferlarven spielen keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle. Nach der Individuenzahl bilden Blattläuse, verschiedene Ameisenarten wie die Glänzendschwarze Holzameise oder die Fremde Wegameise den Nahrungshauptanteil, während Gattungen der Waldameisen eine nur untergeordnete Bedeutung im Nahrungserwerb dieses Spechtes haben. Daneben bilden noch Käfer, Schildläuse, Schnaken, verschiedene Raupen sowie Fliegen, Mücken und Asseln Bestandteile der animalischen Kost. Die meisten Beutetiere sind klein, die mittlere Länge beträgt etwa 8,5 Millimeter. An frisch geschlüpfte Küken werden vor allem Blattläuse verfüttert, mit zunehmendem Alter gleicht die Nestlingsnahrung der der Erwachsenen. Der Mittelspecht nimmt vegetarische Kost zu sich, jedoch bei weitem nicht in dem Ausmaß, wie dies beim Großen Buntspecht, besonders aber beim Blutspecht festzustellen ist. Im Frühjahr ringelt er gelegentlich safttreibende Bäume, vor allem Linden, um Baumsäfte aufnehmen zu können; im Juni und Juli können Kirschen eine wichtige Beikost sein, die auch an die Jungen verfüttert wird. Im Herbst und Winter spielen Nüsse und Koniferensamen eine gewisse, wenn auch untergeordnete Rolle. Fotografiert in Lachen-Speyerdorf / Rheinland Pfalz Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Mittelspecht