Das Blaukehlchen (Luscinia svecica) ist eine Singvogelart aus der Familie der Fliegenschnäpper (Muscicapidae). Namensgebend ist die auffallende Blaufärbung von Kehle und Vorderbrust, die das Männchen im Brutkleid zeigt. Je nach Unterart befindet sich auf diesem Grund ein zentraler weißer oder roter „Stern“. Die zehn Unterarten werden daher in zwei Gruppen geteilt, das Weißsternige und das Rotsternige Blaukehlchen (Tundrablaukehlchen). Bei manchen Unterarten fehlt der Stern jedoch. Das Blaukehlchen besiedelt busch- oder röhrichtbestandene Biotope meist an sehr feuchten Standorten und ernährt sich überwiegend von Insekten. Es kommt in weiten Teilen der Paläarktis vor und hat jenseits der Beringstraße auch einen Teil Nordalaskas besiedelt. In Europa ist das Verbreitungsgebiet stark zergliedert und die Art vielerorts durch Mangel an geeignetem Lebensraum bedroht. Das Blaukehlchen ist ein Zugvogel. Die europäischen Blaukehlchen überwintern in Südspanien, Nordafrika, südlich der Sahara und in Südasien, wobei das Weißsternige Blaukehlchen eher ein Kurz- oder Mittelstreckenzieher und das Rotsternige Blaukehlchen Langstreckenzieher ist. Das Blaukehlchen ist ein schlank gebauter, hochbeiniger Singvogel, mit 13–14 cm Körperlänge etwa rotkehlchengroß und somit etwas kleiner als die nahe verwandte Nachtigall. Die Flügellänge beträgt beim Männchen durchschnittlich etwa 78 mm, die Schwanzlänge 54 mm. Beim Weibchen liegt die Flügellänge bei 74 mm, die Schwanzlänge bei 52 mm. Beide Geschlechter wiegen 16 bis 18 g. Die Oberseite ist überwiegend dunkelgraubraun, Bürzel und Oberschwanzdecken sind etwas wärmer getönt. Von den dunkel gestrichelten Scheitelseiten hebt sich deutlich ein beiger Überaugenstreif ab. Zügel und Ohrdecken sind dunkel graubraun und tragen eine hellere Strichelung. Die Körperseiten sind blassbeige, Hinterbrust und Bauch weißlich und die Unterschwanzdecken rahmfarben. Bestes Artmerkmal in allen Kleidern sind die zweifarbigen Seiten des Stoßes. Die beiden mittleren Steuerfedern sind braun, bei allen äußeren ist die basale Hälfte rostrot, die terminale Hälfte schwarzbraun. Die ebenfalls schwarzbraunen Hand- und Armschwingen tragen helle Säume. An den dunkelbraunen Oberflügeldecken zeigen sich rötlich braune Säume. Der Unterflügel ist braun. Der dunkel hornbraune bis schwarzbraune Schnabel ist innen lebhaft zitronengelb gefärbt. Die Füße und Beine sind wie der Schnabel dunkel hornbraun, der Lauf ist rötlich durchscheinend. Die Iris ist schwarzbraun. Beim Männchen im Brutkleid sind Kinn, Kehle, Bartstreif und obere Brust seidenglänzend und lebhaft blau. Die blaue Kehlzeichnung ist auch im ultravioletten Spektrum stark reflektierend, was offenbar entscheidenden Einfluss auf die Partnerwahl der Weibchen hat. Unterhalb der Kehle liegt inmitten der blauen Färbung zentral ein nierenförmiger Fleck – „Stern“ genannt –, der je nach Unterart rostrot (Rotsterniges Blaukehlchen) oder weiß (Weißsterniges Blaukehlchen) ist, in der Ausdehnung variieren oder ganz fehlen kann. Der blaue Kehlfleck ist zum Bauch hin von einem dunklen Rand begrenzt, auf den ein beiges Band und eine rostrote Brustbinde folgen, die zum Bauch hin auslaufen. Kehlfleck und Brustband können von hellen Federsäumen durchsetzt sein. Im Ruhekleid ist die blaue Färbung weniger ausgeprägt, Kinn und Kehle sind keilförmig weiß mit schmalem, schwärzlich braunem Bartstreif. Im Brut- und Ruhekleid des Weibchens sind die beim Männchen blauen Partien hellbeige und zeigen dazu kontrastierend den dunklen Bartstreif, der auch im Ruhekleid des Männchens sichtbar wird. Das Brustband ist dunkel gewölkt bis gestrichelt. Bei einigen Weibchen ist die Wölkung auch blassblau durchsetzt. Das rostrote Band zum Bauch hin ist allenfalls angedeutet. Im Jugendkleid ist die Oberseite schwarzbraun mit einer keilförmigen, rostbeigen Fleckung, die Oberschwanzdecken sind rötlich braun. Kehle, Brust und Bauchseiten sind beige mit dunklen Spitzen, Bauch und Unterschwanzdecken weißlich. Im ersten Winter ähnelt das Ruhekleid dem Kleid adulter Vögel, allerdings sind beim Männchen die weißen und schwarzen Partien ausgedehnter, das Blau auf den Bartstreif beschränkt und die rostrote Binde weniger ausgeprägt. Beim Weibchen sind die weißen Partien ausgedehnter, eine blaue Färbung ist höchstens sehr schwach angedeutet. Ebenso schwach ausgeprägt ist das dunkle und das rostrote Brustband. Die Jugendmauser ist eine Teilmauser, bei der nur das Kleingefieder vermausert wird. Sie findet bei der Unterart L. s. svecica zwischen Mitte Juli und September, bei L. s. cyanecula ab Ende Juni statt. Die adulten Vögel vermausern ab Mitte Juli das gesamte Gefieder und sind deshalb Anfang August für kurze Zeit fast flugunfähig. Diese Vollmauser dauert zwischen 42 und 45 Tagen. Im Winterquartier findet zudem zwischen Ende Februar und Ende März eine Teilmauser statt, die sich auf das Kinn- und Kehlgefieder sowie die Kopfseiten beschränkt. Der Gesang des Blaukehlchens (Beispiel) ist kräftig, trägt aber im Unterschied zu anderen Arten der Gattung nicht sehr weit. Er ist melodisch und rau und kann viele Elemente anderer Arten oder auch imitierte mechanische Geräusche enthalten. Besonders charakteristisch ist die Einleitung der Strophen, die mit einem zögernd gereihten djip-djip-djip oder zri-zri-zri beginnt, das dann schneller und kräftiger wird und in eine meist längere Passage von melodisch-flötenden, rohrsängerartig rauen oder hart klirrenden Lautfolgen mündet. Da die Anzahl der eingeflochtenen Imitationen anderer Arten meist sehr groß ist und diese sehr vielfältig sind, fällt es oft schwer, die arttypischen Laute herauszuhören. Das Repertoire an Imitationen gibt die Zusammensetzung der Vogelwelt in der Umgebung des Brutortes gut wieder und kann auch von Tag zu Tag in der Zusammensetzung wechseln. Der Alarmruf – ein rohrsängerähnlich raues, manchmal schnalzendes rack oder track – ist härter als der entsprechende Ruf der Nachtigall. Er wird manchmal als hüi-dack zweisilbig mit dem sanft pfeifenden Lockruf (huid, iht oder si) gepaart. Außerdem gibt es Rufreihen – etwa djüp-djüp-djüp – die der Einleitung der Gesangsstrophen ähneln und ebenfalls bei Erregung vorgebracht werden. Weiterhin sind ein erregtes chrää oder ein stark frequenzmoduliertes chiit zu hören. Das Blaukehlchen ist tag- und dämmerungsaktiv. Die größte Gesangsaktivität mitteleuropäischer Vögel setzt mit der Dämmerung ein und reicht bis nach Einbruch der Dunkelheit. Morgens beginnt der Gesang manchmal noch bei Dunkelheit und wird dann meist bis in die Morgenstunden fortgesetzt. Er wird von exponierten Warten aus vorgetragen. Bisweilen unternimmt das Männchen Singflüge, wobei es in einem flachen Bogen zu einer Warte fliegt. Es startet dabei meist von einer anderen Warte, manchmal auch vom Boden. Die Intensität von Gesang und Singflügen ist nach der Ankunft der Weibchen und vor der Eiablage am stärksten. Danach verstummt das Männchen fast vollständig. Männchen, die noch zu einem späteren Zeitpunkt singen, sind unverpaart geblieben. Aber auch bei Gelegeverlust kann die Gesangsaktivität später wieder einsetzen. Das frühe Verstummen des Gesangs, die Tatsache, dass sich Männchen durch den Gesang nicht gegenseitig stimulieren (wie bei Nachtigall und Sprosser) und dass sich das Weibchen durch den Gesang anlocken lässt, lassen vermuten, dass dieser nicht der Revierabgrenzung, sondern lediglich der Partnerwerbung dient. Das Blaukehlchen ist nicht scheu, lebt aber sehr versteckt. Die Fluchtdistanz liegt zwischen 10 und 30 m. Auf dem Boden bewegt es sich ähnlich wie Nachtigall oder Rotkehlchen. Es steht gereckt mit vorgestreckter Brust, gestelztem Schwanz und leicht hängenden Flügeln. Die Fortbewegung erfolgt meist hüpfend, seltener mit wenigen Schritten laufend. Manchmal wirkt das schnelle Hüpfen über lange Strecken, als würde der Vogel laufen. Bei Erregung oder auch bisweilen scheinbar unmotiviert wird der Schwanz aufgestellt und gespreizt, wobei die roten Schwanzseiten sichtbar werden. Im Geäst oder Röhricht bewegt sich das Blaukehlchen schnell und ähnlich geschickt wie ein Schwirl. Der Flug ist schnell und bogenförmig und erfolgt im freien Gelände meist dicht an der Deckung entlang. Hindernisse werden meist um-, nicht überflogen. Bei der Landung in der Deckung wird der Schwanz oft kurz aufgefächert, anschließend wechselt der Vogel rasch durch einige Sprünge den Ort. Die Verbreitung des Blaukehlchens ist transpaläarktisch, weist aber in Europa große Lücken auf. Sie erstreckt sich vom Nordrand der Strauchtundra südwärts bis in die Steppenzone und in einige südpaläarktische Gebirgszüge. In der Nearktis gibt es ein kleines Kolonisationsvorkommen in Nordalaska. In Westeuropa beschränkt sich das Vorkommen auf einige Gebirge der Iberischen Halbinsel sowie einige kleine, disjunkte Teilareale in Frankreich, vor allem einen 10 km breiten Streifen entlang der Atlantikküste (Unterart L. s. namnetum). Größere Areale gibt es in den Beneluxländern, nördlich der Alpen in Deutschland und Österreich und entlang der Donau im ungarischen Raum. Das mehr oder weniger geschlossene Areal reicht von Nordostdeutschland und Polen ostwärts. In Fennoskandien beschränkt sich die Verbreitung auf die Hochgebirge Norwegens, Nordschweden, Nordfinnland sowie die Halbinsel Kola und ist entlang der Küste des Weißen Meeres mit dem geschlossenen Areal verbunden. Dessen Nordgrenze verläuft ostwärts zwischen 70 und 72° Nord bis zur Tschuktschen-Halbinsel, nach Kamtschatka und Nordalaska. Im Süden reicht die dort teils sehr disjunkte Verbreitung bis in die Gebirgsregionen des nordwestlichen Kaukasus, des Zagros, des Pamir, Tian Shan, Altai, Tannu Ola und Changai. In Jakutien kommt die Art nur im Norden und sonst sehr lokal vor. Möglicherweise besteht hier eine zu große Konkurrenz zum Rubinkehlchen, das hier seinen Verbreitungsschwerpunkt hat. Gelegentliche Brutversuche des Rotsternigen Blaukehlchens gab es in Nordschottland. Die Unterarten unterscheiden sich deutlich in ihrem Zugverhalten. Während es sich bei L. s. svecica um einen ausgesprochenen Langstreckenzieher handelt, sind L. s. cyanecula und L. s. namnetum eher Kurz- bis Mittelstreckenzieher. Ähnliches gilt für die asiatischen Unterarten, deren Überwinterungsgebiete sich teilweise mit denen von L. s. svecica überschneiden. Die Hauptüberwinterungsgebiete von L. s. svecica liegen auf dem indischen Subkontinent und reichen bis etwa 20° N, gelegentlich gibt es Nachweise bis nach Sri Lanka. Ostwärts gibt es Nachweise bis ins südöstliche China und ausnahmsweise bis Japan. Die westliche Ausdehnung des Gebiets reicht im Norden bis in den östlichen Mittelmeerraum. Südlich der Sahara überwintert diese Unterart aber bis Westafrika, wobei sich aber die meisten Vögel im Osten konzentrieren. Die Zugrichtungen können recht unterschiedlich sein und z. B. bei in Finnland brütenden Vögeln von Südosten bis Süd-Südwesten streuen. Die Unterart L. s. cyanecula überwintert meist südlich und südwestlich des Brutgebietes. Der überwiegende Teil ist in Nordafrika, in den Oasen der Sahara und südlich derselben anzutreffen. Östlich wurden Überwinterer bis zum persischen Golf festgestellt. Bei dieser Unterart konzentriert sich der größte Teil aber auf Westafrika, östlich bis Nigeria. Einzelne Vögel sind aber auch schon im Mittelmeerraum anzutreffen. Bei L. s. namnetum sind die Zugwege am kürzesten, diese Unterart überwintert im Südwesten Portugals und im Maghreb. L. s. volgae bildet auch im Zugverhalten einen Übergang: im Winter sind diese Populationen im nordöstlichen Afrika und im südwestlichen Asien anzutreffen. Die Unterarten L. s. pallidogularis und L. s. kobdensis überwintern in Südwest- und Südasien, L. s. saturatior in Südasien. Die Winterquartiere von L. s. abotti liegen in Nordindien, die von L. s. przevalskii im Osten Chinas. In der Zugphänologie unterscheiden sich die Unterarten wenig. Die Brutstandorte werden meist in der zweiten Julihälfte geräumt. Bis zum Wegzug, der vorwiegend ab Mitte August und im September erfolgt, halten sich die mausernden Vögel aber noch in deckungsreichen Lebensräumen wie beispielsweise Röhrichtflächen auf. Die Unterart L. s. svecica ist dann auch außerhalb der gebirgigen Brutareale im Tiefland anzutreffen. Spätestens Anfang Oktober ist der Wegzug aus den Brutgebieten abgeschlossen. Der Heimzug setzt in Mitteleuropa meist Ende März ein, ungewöhnlich frühe Heimkehrer erreichen den süddeutschen Raum manchmal schon im ersten Märzdrittel. Der Durchzug ist in Mitteleuropa spätestens Mitte Mai abgeschlossen. Eine auffällige Variation besteht bezüglich der Färbung des zentralen Kehlflecks bei den adulten Männchen. Man unterteilt daher die zehn Unterarten in zwei Subspezies-Gruppen: das Weißsternige Blaukehlchen (cyanecula-Gruppe), das vorwiegend im Süden und Westen des Verbreitungsgebietes zu finden ist, und das Rotsternige Blaukehlchen (svecica-Gruppe), das eher im Norden und Osten vorkommt. Dazwischen liegende Populationen variieren stark und zeigen bisweilen auch einen roten Stern mit weißer Basis. Bei manchen Populationen der cyanecula-Gruppe (z. B. L. s. magna) kann der Stern auch vollständig fehlen. Andere Merkmale wie Größe und Färbung der Oberseite variieren nur geringfügig. Das Blaukehlchen wurde lange in eine eigene Gattung Cyanecula oder Cyanosilvia gestellt und die Unterarten oftmals als eigene Arten beschrieben. Später wurde es bisweilen in die Gattung Erithacus und schlussendlich in die Gattung Luscinia eingeordnet, die aus mehreren Superspecies und einigen eigenständigen Arten besteht. Eine solche Art ist das Blaukehlchen, das auch in eine monotypische Untergattung Cyanosilvia eingeordnet wird, deren Status – wie überhaupt die phylogenetischen Verhältnisse innerhalb der Gattung – nicht vollständig geklärt ist. Die phylogenetischen Verhältnisse innerhalb der Art wurden 1998 und 2003 untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass aufgrund der Vergleiche von Haplotypen lediglich eine grobe Trennung in eine nördliche und eine südliche Gruppe feststellbar ist und diese sich innerhalb der letzten 15.000 Jahre entwickelt haben müssen. Die geografische Variation des Phänotyps und die Einteilung in Unterarten wurden durch die genetischen Befunde nicht gestützt. Das Blaukehlchen besiedelt nasse Standorte, die eine Kombination aus schütterem Bewuchs und guter Deckung bieten. Bei letzterem muss es sich nicht wie bei der Nachtigall um dichtes Gebüsch handeln, sondern es reichen entsprechend dichte Bestände aus Altschilf oder Hochstauden. Gewässernähe ist nicht unbedingt erforderlich, jedoch werden solche Biotope vielerorts bevorzugt angenommen. Fotografiert in Waghäusel-Baden-Württemberg Weiter Infos: http://de.wikipedia.org/wiki/Blaukehlchen