Der Kernbeißer (Coccothraustes coccothraustes) ist die größte in Europa heimische Art aus der Familie der Finken (Fringillidae). Der ungewöhnlich große, kräftige und mächtige Kegelschnabel des „Finkenkönigs“ stellt ein auffälliges Merkmal dar. Die Schneiden des Oberschnabels und die ausgehöhlte Führung des Unterschnabels ermöglichen in Verbindung mit der entsprechenden Muskulatur das Aufspalten von Obstkernen, wozu ein erheblicher Druck aufgewendet werden muss. Der Kernbeißer besiedelt Europa, Nordafrika sowie ostwärts die Gebiete bis Ostasien und Japan. Seine Nahrung setzt sich vor allem aus Samen von Laubbäumen und Früchten, aber auch aus Insekten und deren Larven zusammen. Die Art gilt derzeit als nicht gefährdet. Der Kernbeißer zeichnet sich durch eine gedrungene Gestalt aus und ist an seinem kräftigen, runden Kopf, mächtigem Kegelschnabel und kurzem Schwanz leicht zu erkennen. Der Kegelschnabel ist im Sommer blaugrau bis dunkelgrau-bläulich, im Winter aufhellend von dunkelgrau über hornfarben bis rötlichgelb mit dunkler Spitze. Das Auge ist braun, die Pupille ist schwarz. Durch die äußeren großen Armdecken wird ein weißes Band gebildet, das im Flug als halbmondförmige Zeichnung gut erkennbar ist. Daneben gibt es ein weißes Band im Bereich der Halbschwingen. Die Flügel haben blauschwarze Schwingen. Die Füße sind fleischfarben. Kernbeißer haben eine Körperlänge von 16,5 bis 18 Zentimeter. Das Körpergewicht liegt bei 48 bis 62 Gramm. Die Flügelspannweite beträgt 29 bis 33 Zentimeter. Die Steuerfedern sind gemessen entlang des Federschaftes beim Männchen höchstens 22 bis 23 mm und beim Weibchen 14 bis 17 mm lang. Der Kernbeißer weist einen schwach ausgebildeten Geschlechtsdimorphismus auf. Der Kopf des Männchens ist gelb- bis rotbraun, in manchen Gebieten jedoch eher zimtbraun. Er ist durch ein breites graues Nackenband mit dem dunkelbraunen Rücken verbunden. Der schwarze bis grauschwarze Schwanz mit breiten, weißen Endbinden ist wenig eingekerbt. Zur Mitte hin geht die Färbung in einen grau- bis hellbräunlichen Farbton über. Zügel, schmale Schnabeleinfassung und Kehlfleck sind tiefschwarz. Die Brust und die Unterseite sind rötlichbraun bis bräunlichweiß, in manchen Gebieten jedoch eher zimtbraun. Der Bürzel ist gelbbräunlich bis hellbraun. Das Weibchen ist heller und weniger intensiv gefärbt. Die Farben sind nicht so scharf abgegrenzt wie beim Männchen. Der Oberkopf ist weniger rotbraun und leicht gräulich. Der Kegelschnabel ist in den Farben matter. Der Kehlfleck und die schwarze Umrandung des Schnabels sind meistens kleiner und undeutlicher als beim Männchen. Die Brust ist rötlichgrau und die Unterseite grauweiß. Der Bürzel ist gelbgrau. Albionistische Kernbeißer sind äußerst selten. Die selbstständigen Jungvögel sind braun gebändert und tragen einen gelben Kehlfleck. Die Außenfahnen der Armschwingen und die vierte bis sechste Handschwinge sind beim Weibchen grau und beim Männchen schwarz bis metallisch schimmernd. Der Kehlfleck ist bei Weibchen blassgelb und beim Männchen goldgelb. Bauch, Brust und Flanken sind beim Männchen grober gefleckt als beim Weibchen. Die Iris des Auges ist graugrünlich. Im zweiten Jahr nach der Herbstmauser ist das Jugendkleid gänzlich verschwunden. Die geschlüpften Nestlinge sind gelbrötlich. Stirn, Nacken, Rücken, Schulter, Flügel, Bauch, Oberschenkel und Unterschenkel sind dicht mit grauweißen Daunen bedeckt, wobei diese oberseits eine Länge von 10 bis 12 Millimeter aufweisen können. Der Rachen und die Zunge sind rosa und zwischen weißliche Sporne und gelbe Schnabelwülste rot und lila eingefasst. Der Flug ist kräftig, schnell und leicht bogenförmig. Bei kurzen Abständen fliegt der Kernbeißer in Wellenform. Im meist hohen Flug ist die weiße Zeichnung an Flügeln und Schwanz auffallend. Der Kernbeißer kann sehr schnell auf- und abwärts fliegen, insbesondere bei der Jagdbalz und auf Insektenjagd. Am Boden ist sein Gang wackelig mit ausgeprägten Sprüngen. Die Jugendmauser, eine Teilmauser, beginnt im Alter von 10 bis 13 Wochen und dauert acht bis neun Wochen. In Abhängigkeit vom Schlupftermin zieht sich der Wechsel des Kleingefieders von Juli/Anfang August bis Oktober/Ende November hin. Zuerst wird meist das Brust- und Unterseitengefieder sowie gleichzeitig die Unterschwanz- und Bürzelfedern gewechselt. Danach folgt das Wechseln der Rücken-, Hand- und Armschwingendeckfedern. Schließlich folgt das Kopfgefieder mit Kinn-, Kehlfleck- und Halspartien. Die Umfärbung des Schnabels vom dunklen Gelb ins dunkle Blaugrau erfolgt bei Jungvögeln meist von Mitte Dezember bis Ende Februar. Selten behalten Weibchen den gelben Schnabel ein Leben lang. Der dunkle blaue Schnabel verfärbt sich erneut bei der Herbstmauser. Die bei Jungvögeln graugrüne Iris verfärbt sich im sechsten Monat rehbraun. Die Ruhemauser der Altvögel, eine Teilmauser, findet von Januar bis Ende März, meistens im Februar statt. Die Brutmauser, eine Vollmauser, setzt je nach Konstitution und Alter des Vogels bereits im Juni ein und zieht sich bis Ende Oktober/Anfang November hin. Der Schnabel ist bei Jungvögeln im ersten Herbst noch nicht ganz ausgewachsen und ausgehärtet. Da sie zu dieser Zeit erhebliche Schwierigkeiten haben, harte Steinobstkerne aufzuspalten, weichen sie auf weichere Sämereien aus. Die Spitzenhälfte des Oberschnabels ist ein unter den Finken einmaliges Schneidewerkzeug. In der Mitte im Inneren befindet sich eine Schneide, welche von zwei parallelen Schneiden gesäumt ist. Zusammen mit den zwei Außenkanten gibt es im Schnabel insgesamt fünf Schneidekanten. Der entsprechende Gegenstück des Unterschnabels ist entsprechend ausgehöhlt, um die Führung für ein Korn oder ähnliches zu gewährleisten. In der hinteren Schnabelhälfte befinden sich unten zwei kräftige Hornballen, gegen das von oben her ein mit vielen Rillen besetztes Brett arbeitet. An dem hintersten Schnabelende ist eine Verjüngung, um der Zunge genügend Freiraum zu bieten. In Verbindung mit der starken Muskulatur können die vielen Schneiden einen erheblichen Druck auf kleine Gegenstände ausüben. Dabei werden Kirschkerne mit der Naht nach unten gepackt, da hier der niedrigste Spaltdruck benötigt wird. Die in diesem Fall aufgewendete Kraft beträgt 270 bis 430 N. Der Kernbeißer ist in Europa, Nordafrika und ostwärts bis Ostasien und Japan verbreitet. Nach Angaben der American Ornithologist Union (AOU) [8] trägt dieser Vogel in Nordamerika den Status „Gelegentlich“ (Casual/C), da er einige Male in Alaska gesichtet wurde. Der Kernbeißer besiedelt Nordafrika von Tunesien bis Marokko. Er ist in Süd- und Mitteleuropa einschließlich England und Südskandinavien beheimatet, fehlt jedoch auf Island, Irland, in weiten Teilen Fennoskandinavien, auf einigen Mittelmeerinseln und teilweise in Süditalien. Der Kernbeißer ist auch in Kleinasien, im Kaukasusgebiet und in Nordiran, Nordafghanistan und Turkestan zu finden. Weiterhin lebt er in Osteuropa und Südsibirien bis zum Ussuriland, zur Mandschurei und Nordkorea. Er besiedelt im Osten Sachalin, Südkamtschatka und im nördlichen Japan Hokkaidō sowie vereinzelt südwärts das Gebiet bis Mittelhonshū. Während der Kernbeißer in Mitteleuropa ein Standvogel ist, stellen die nördlichen und östlichen europäischen Populationen Teilzieher dar, die sowohl südwärts entweder nach Mitteleuropa oder ins Mittelmeergebiet ziehen, als auch in Westeuropa überwintern. Der Kernbeißer ist auch vielfach ein Strichvogel, der weite, teils nahrungsbedingte Wanderungen, die vom Herbst bis ins Frühjahr andauern, durchführt. Der Wegzug setzt allmählich ab Juli ein und verstärkt sich im September. Der Kernbeißer zieht sowohl am Tag als auch in der Nacht. Während der Wegzug im Schwarm unternommen wird, findet der Heimzug wenig auffällig Mitte Februar bis April statt. Das klassische Habitat stellen insbesondere während der Brutzeit lichte Laub- oder Mischwälder mit Unterwuchs dar. Der Kernbeißer zeigt jedoch keine Bindung an ein bestimmtes Biotop. In Europa ist er ein typischer Vertreter der Eichen- und Hainbuchenwälder. Weiterhin bevorzugt er alte Laubwälder mit Buchen, Eschen und Ulmen sowie lichte Auwälder. Die Siedlungsdichte in monotonen Wäldern, insbesondere in monotonen Nadelwäldern, ist sehr gering. Der Kernbeißer brütet oft in größeren Feldgehölzen von Parks, in Gärten mit hohen Bäumen und auf Friedhöfen mit altem Baumbestand. Weiterhin ist er auf Streuobstwiesen und in weitläufigen Obstanlagen, wenig bebauten, mit Alleen und Baumgruppen durchsetzten Städten zu finden. Seit 1970 wird anhand von Winterfütterungen eine zunehmende Tendenz zur Verstädterung festgestellt. Der Kernbeißer stellt mehrere Bedingungen an seinen Lebensraum: Dieser muss ein gutes Nahrungsangebot im Winter bieten und zur Jungenaufzucht ein gutes Raupenangebot stellen. Zudem bevorzugt der Kernbeißer Plätze in Wassernähe. Er besiedelt vor allem das Flachland und mittelhohe Lagen von 300 bis 700 m, ist aber auch bis in 1000 m Höhe weit verbreitet. In der Schweiz lebt er sporadisch bis zur oberen Grenze der Laubholzstufe in etwa 1300 m. Auf dem Zug über die Alpen ist er teilweise über die Baumgrenze bei 2400 m im Aletschgebiet zu finden. Entlang des Talgrunds dringt er häufig in die größeren Alpentäler vor. Zudem besiedelt er die Höhen des Randen und den nördlichen Jura. Die Nahrung setzt sich vor allem aus Samen von Laubbäumen und Früchten zusammen. Im Frühjahr wird sie durch Knospen und Triebe ergänzt. Im Spätsommer werden gerne Laubwälder mit einem hohen Bestand an Buchensamen aufgesucht. Zusätzlich dienen Früchte von Ahornbäumen und -sträuchern als Nahrung. Im Winter wird vor allem das Laub umgedreht, um Samen vom Boden aufzunehmen. Bei der Nahrungsaufnahme wird nie der Fuß zu Hilfe genommen. Tierische Nahrung wird das ganze Jahr über, vor allem jedoch von Mai bis Juli aufgenommen. Der Kernbeißer frisst Insekten und deren Larven, aber auch Spinnen und Regenwürmer. Für die Insektenjagd sitzt der Kernbeißer auf einem Ast bis zu sechs Metern über dem Boden. Entdeckt er ein Insekt, fängt er die Beute und setzt sich wieder auf einen Ast, auf dem er die Beute verzehrt. Teilweise fängt er Insekten auch im Jagdflug. Während der Brutzeit lebt der Kernbeißer unauffällig in kleinen Revieren und ergreift bei der geringsten Störung die Flucht. Ein lockeres, kolonieartiges Brüten findet oft, jedoch besonders in nordischen Ländern statt. Der Paarzusammenhalt bleibt im Winter bestehen. Oft finden Scheinangriffe auf Artgenossen und andere Vögel statt. Nach der Brutzeit, teilweise schon ab Juni, ziehen die Familien zu tragenden Steinobstbäumen, insbesondere zu Kirschbäumen. Während sich im Herbst zunehmend größere Familiengruppen gemeinsam auf Nahrungssuche begeben, beginnen sich diese Zusammenschlüsse gegen Ende des Winters langsam zu verkleinern. Im Frühjahr verändern die Männchen ihr Verhalten dahingehend, dass sie die Weibchen verfolgen und jagen. Es kann jedoch auch vorkommen, dass ein Männchen ein anderes hetzt. Abweisungs- und Drohverhalten zeigt sich durch ein Schnabelsperren mit langem Hals und erhobenen Kopf mit je nach Intensität gespreizten Flügeln. Will ein Vogel angreifen, knappt er hörbar mit dem Schnabel. Dann wird unter Hacken und Beißen gekämpft. Dabei wird oft in höchster Erregung der Schwanz gefächert. Als Vorstufe zur Angriffs- oder Fluchtstimmung kann auch das Kopfgefieder gesträubt werden. Bei Erregung und Erschrecken fliegt der Vogel nach oben hin fort. Fotografiert in Lachen-Speyerdorf / Rheinland Pfalz Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kernbeisser_(Art)